Die „Stimme“ des gegenwärtigen Herrn „Siehe! Ich stehe an der Tür!“

Diese vertraulichen Worte des Meisters sind an die Versammlung in Laodicäa gerichtet - als letzte der sieben Botschaften an seine Kirche im Fleische. Überschrieben ist diese Botschaft mit den Worten: „Und dem Engel (griech.: aggelos = Bote) der Versammlung in Laodicäa schreibe!“

Es gibt demnach einen Boten auch dieser letzten ekklesia, und diesem Boten wiederum wird durch den Heiligen Geist Gottes die Botschaft des Herrn übermittelt, auf daß er sie weitergehe: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an.“ (Off.3:20) Der Herr ist also da; er ist anwesend; er macht sich sogar bemerkbar, indem er „anklopft“, und dieses „Anklopfen“ ist gleichbedeutend mit seiner „Stimme.“ Denn er läßt dem Boten von Laodicäa sagen: „Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen - und er mit mir.“ - Vs.21

Es ist die „Stimme“ des Herrn, mit der er „anklopft“, und es liegt am  O h r  eines jeden Gliedes dieser letzten ekklesia, ob es die Stimme hört oder nicht.

Die kostbare Wahrheit über die zweite Gegenwart des Herrn ist in der Schrift auf vielerlei Weise dargeboten. Wieder einmal haben wir hier ein Bild von der Art und Weise,  w i e  der Herr wiedergekommen ist: nicht mit großem Schaugepränge, das jedem ins Auge springt. Still und leise, „wie ein Dieb in der Nacht“, kehrte der Herr zurück, nicht einmal bemerkt von dem Boten der letzten Fußgliedergemeinde. Nein - auch ihm muß der Herr erst zurufen: Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an!

„Wenn jemand meine Stimme hört…“ Überall in der Heiligen Schrift wird die „Stimme“ gebraucht, um eine Verkündigung zu symbolisieren. Die Stimme des Herrn ist demnach gleichbedeutend mit einer Kundgebung dessen, was Er seinen Knechten übermitteln möchte. „… und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir.“ Das griechische Wort für „Abendbrot“ bedeutet eigentlich: „Hauptmahlzeit“, die am Abend eingenommen wurde. Wer es annehmen will: die letzte Speise des Tages - die letzte Botschaft des Evangeliumszeitalters.

Auch Lk.12:42 berichtet von einer „Speise“, die der Herr bei seinem Kommen austeilt. Das Bild ist zwar ein anderes; der tiefe Sinn jedoch ist der gleiche. Wenn wir bei Vs.36 zu lesen beginnen, da hören wir auch hier von einem „Herrn“, der zu unbekannter Zeit zurückkehrt und bei den Seinen „anklopft“. Diese, erklärt der Herr, sind „Menschen gleich, die auf ihren Herrn  w a r t e n,  … auf daß, wenn er kommt, sie ihm alsbald aufmachen.“ „Glückselig“ werden jene genannt, denn sie sind „wachende Wartende“. Sie sind es, die das Anklopfen, die Stimme des Herrn hören - und ihm alsbald aufmachen. Und welch ein Segen wird ihnen da zuteil! Der Herr läßt sie zu seinem Tische kommen und bedient sie.

Lesen wir nun ab Vs. 42 weiter, so hören wir von einem „treuen und klugen Verwalter.“ Diesen findet der Herr bei seinem Kommen „also tuend.“ Was tut der Verwalter? Wir verstehen, daß er wacht und auf das Kommen seines Herrn wartet; mehr noch: er öffnet ihm die Tür seines Herzens „alsbald“, und also setzt ihn der Herr über seine „ganze Habe.“

Nach unserem Verständnis ist dieser Verwalter gleichzusetzen mit dem Boten der ekklesia von Laodicäa, dem der Herr zuruft: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir.“

Der treue und kluge Verwalter  h a t  die Stimme des Herrn gehört und ihm eiligst die Türe aufgetan. Ihm wurde vom Herrn gegeben, die „zugemessene Speise zur rechten Zeit“ an die Versammlung von Laodicäa, die letzte der ekklesien des Evangeliumszeitalters, auszuteilen. Die „ganze Habe“, der  g a n z e  göttliche Ratschluß, wie ihn auch Paulus in den Tagen der jungen Kirche zu verkündigen beauftragt war, wurde auch dem treuen und klugen Verwalter, dem letzten Boten der Evangeliumskirche, anvertraut. Und jeder, der „alsbald“ beim Hören der Botschaft: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“, bereit war, sein Herz dem wiedergekommenen Herrn zu öffnen, hat von der „zugemessenen Speise zur rechten Zeit“ einen überaus großen Segen empfangen. Er ist begnadigt, mit dem Herrn „das Abendbrot“ zu essen, d.h. gesegnete Gemeinschaft mit dem gegenwärtigen König zu haben; er ist fähig gemacht worden, hineinschauen zu dürfen in die Breite und Länge und Tiefe und Höhe der Liebe und Weisheit und Gerechtigkeit des himmlischen Vaters.

Keine Zunge noch Feder kann die Freude beschreiben, die alle diejenigen erfahren haben, die auf die Stimme des Herrn gehört; und - der kostbaren Botschaft sich öffnend - nun das „Abendbrot“ mit ihm essen. Ihre ganze Lebensanschauung hat sich verändert, ihre Fragen wurden beantwortet, Zweifel und Befürchtungen beseitigt. Möchten doch alle, die diese wunderbare Gnade vom Herrn empfangen haben, niemals die bedeutsame Macht aus den Augen verlieren, die sie in ihrem Leben eingenommen hat! Vergessen wir doch nie, welch ein gewaltiger Vorzug vor der Welt uns geschenkt worden ist.

Sollte diesem oder jenem auch nur einmal vorübergehend der unschätzbare Wert der „Stimme“ des Herrn nicht mehr gar so leuchtend erscheinen - er bedenke, wie er das Leben in dieser von Furcht erfüllten, wahnsinnigen Welt ertragen könnte, wenn er  n i c h t s  über die weisen und liebevollen Absichten unseres Schöpfers wüßte. Wie dunkel, wie aussichts- und trostlos wären unsere Tage! Unser Leben wäre ohne Sinn, und das notwendige tägliche Einerlei unseres Lebensunterhaltes zwecklos und zu nichts nütze. Allein die Wahrheit des Wortes Gottes, die Erkenntnis des köstlichen Erlösungsratschlusses und die daraus erwachsene unerschütterliche Hoffnung auf Leben ohne Ende in Harmonie mit Gott und einer alles verbindenden Liebe gibt dem mit dieser Erkenntnis Begabten einen tiefen Lebensinhalt.

Es ist das Geschenk des wiedergekommenen Herrn für die Wachenden, die seine Stimme hören. Denn erst im Licht seiner zweiten Gegenwart ist diese Botschaft des ganzen Ratschlusses Gottes (Apg.20:27) durch den klugen und treuen Verwalter wieder freigelegt worden.

Was ist denn so „neu“ und so anders an dieser Verkündigung? Was ist es, das von dem abweicht, was bis dahin als „Evangelium“ angeboten worden ist? Da wurde zuerst einmal die von Gott in der Heiligen Schrift niedergelegte wahre Bestimmung des Menschen als König oder Herrscher der  E r d e  wiedererkannt. Die Erkenntnis darüber, was „Sünde“ ist - und welche Strafe aus ihr erwächst, brachte zutage, welch eine Gotteslästerung die Lehre von der Höllenqual bedeutet; wir haben auch gelernt, daß der Mensch keine Seele  h a t,  sondern eine Seele  i s t.

Dem Handeln Gottes mit Abraham und seinen natürlichen Nachkommen wurde eine klare Sicht geöffnet, und der mit Abraham geschlossene und durch Eid bekräftigte Bund offenbarte sich als eine Zusammenfassung des ewigen Vorhabens unseres Schöpfers zum Segen  a l l e r  Geschlechter der Erde.

Auch haben wir erkennen dürfen, zu welchem Zweck der Allmächtige mit dem Volke Israel den Gesetzesbund schloß: als „Zuchtmeister auf Christus hin“ und zur Offenbarmachung der Notwendigkeit des Erlösungswerkes Jesu Christi, (Gal.3:24). Die tiefe Bedeutung des Kreuzestodes unseres Herrn hat ein ganz besonderes Licht erfahren. Wir haben das Warum des Opfers Jesu erfassen dürfen, und daß es gerade Sein Tod gewesen ist, der die Befreiung des ganzen Menschengeschlechtes aus dem großen Gefängnis des Todes verbürgt. - Jes.42;7; 61:1-3.

Das Verstehen der tiefen Weisheit und Liebe Gottes, die das Loskaufopfer Jesu Christi in sich birgt, bedeutet eine echte Befreiung von der durch das ganze Mittelalter hindurch bis heute dargebotenen unlogischen Lehre von dem „dreieinigen“ Gott, der teilweise oder ganz oder garnicht in Jesus von Nazareth am Kreuze starb. Unter die wunderbaren Wahrheiten, die durch die Stimme des Herrn in der Zeit seiner parousia (seiner zweiten Gegenwart) wieder ans Licht gekommen sind, fällt auch die herrliche Hoffnung auf die Wiederherstellung der Menschheit in das (in Adam verlorengegangene) Gottes-Ebenbild. Diese große Hoffnung war lange Jahrhunderte hindurch fast gänzlich aus dem christlichen Glaubensleben verschwunden. Mit der Wiederkunft des Herrn, die die Verwirklichung dieser Verheißung in nahe Zukunft rückt, ist es Speise „zur rechten Zeit“, daß auch diese göttliche Zusicherung wieder in den Vordergrund gestellt und der Welt bekanntgemacht wird.

Die Lehre von der Wiederherstellung ist zugleich auch der Schlüssel, der die ewig-dunkle schichsalsschwere Frage: Warum hat Gott das Böse zugelassen? aufzuschließen hilft. Nie zuvor wurde diese Frage so einfach, so logisch und vor allem in so völliger Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift beantwortet, wie durch den „klugen und treuen Verwalter.“

„Die Ernte ist das Ende des Zeitalters“, erklärte Jesus in der Auslegung des Gleichnisses vom Weizen und dem Unkraut. Das Ende des Zeitalters ist demnach eng verbunden mit der Gegenwart des Herrn, denn der Hauptschnitter ist ER selbst. Seine „Stimme“ verkündigte den  B e g i n n  des Erntewerkes mit dem Ruf: „Gehet aus ihr hinaus,  m e i n  Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen.“ - (Off.18:4) Wenn dieser Ruf gehört wird, sollte er auch im Gehorsam der „Stimme“ gegenüber befolgt werden. Wie reich hat der Herr alle die gesegnet, die diesem Ruf gehorcht haben!

Einer der stärksten Beweise für die Richtigkeit der „Stimme“ des wiedergekommenen Herrn sehen wir in der Erfüllung einer Prophezeiung, die durch zwei Zeugen in Bezug auf die zweite Gegenwart Jesu Christi gegeben wurde: einmal durch unseren Herrn selbst in Mt.24:21 - zum anderen durch den Propheten Daniel Kap.12 Vs.1. Es ist die Vorausschau auf eine große Drangsal, wie sie nie zuvor war  n o c h  (danach) je wieder sein wird.

Der Sinn dieser Prophetie wurde von dem „klugen und treuen Verwalter“ geöffnet - und durch ihn viele Jahre weltweit verkündigt. Damals spottete man über diese „Phantastereien.“ Man war so sicher, daß die Christianisierung der Welt schnell voranginge und eine Ära universalen Friedens anbreche. Man mokierte sich über den absurden Gedanken, daß eine so großartige und so gerühmte Zivilisation zerstört werden könnte. Welch besserer Beweis könnte uns angesichts der alle Tage explosiver werdenden politischen und wirtschaftlichen Lage gegeben werden, daß die „Stimme“, die gehört wurde, auch wirklich die des Meisters war - und noch immer ist? (s. Lk. Kap. 21)

Aber nicht allein die täglich größer und erschreckender werdende Drangsal gibt uns Grund, unseren Glauben in die Wahrhaftigkeit der Botschaft an Laodicäa bestätigt zu finden. Ein unübersehbarer Beweis unserer Tage für die Gegenwart des Herrn ist: Der „Feigenbaum“ - das Volk Israel; wie wenig war zu Beginn der Ernte noch zu sehen von dem, was inzwischen mit diesem Volk an erfüllter Prophetie geschehen ist! „Sehet den Feigenbaum!“ „S e h e t !“, rief der Herr aus; macht die Augen auf und seht, was mit Israel geschieht! Dann wisset ihr, daß ich wiedergekommen bin. Auch dieser bedeutungsvolle Hinweis in der großen Vorausschau von Mt.24 ist heute sichtbare Wirklichkeit der „Stimme“ des Herrn geworden: „Siehe, ich stehe an der Tür!“.

Eine ganz besondere Stellung im Glaubensleben der wahren Kirche Christi nimmt die Lehre von der „Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu“ ein. (Phil. 3:14) Bevor der Herr kam und dem klugen und treuen Verwalter seine ganze Habe anvertraute, war die Vorstellung über diese „Berufung nach oben“ sehr unbestimmt. Viele der Kirchgänger von heute betrachten den Himmel als einen Ort, wohin man nach dem Tode lieber geht als in eine Feuerhölle - sozusagen als eine Art Zufluchtsort, wenn es schon nicht möglich ist, noch länger hier zu bleiben.

Wie verschieden von dieser Vorstellung aber ist die wirkliche, die mit dem Wort der Schrift vereinbare Lehre! Welch eine unaussprechliche Freude verheißt die herrliche Hoffnung auf die Miterbschaft mit Christo und das sehnlich erwartete Vorrecht, mit ihm am Werke der Segnung aller Geschlechter der Erde teilzuhaben!

Nicht zu trennen von dieser Lehre ist die Erkenntnis über das Wirken des Heiligen Geistes Gottes: nicht als ein persönliches Wesen einer dreieinigen Gottheit, sondern als die lebengebende, lebenserhaltende, alles wirkende und alles erleuchtende  K r a f t,  die von dem höchsten Wesen im Universum ausgeht. Die „Stimme des Herrn“ hat uns gelehrt, was es heißt, vom Geiste Gottes ergriffen zu werden; sie hat uns das Verstehen geöffnet über die Macht und den Segen, die dieser Heilige Geist Gottes in unserem Leben auszuüben vermag, je nach dem, wie weit wir uns ihm öffnen, uns von ihm beherrschen lassen und wie groß unser Bemühen ist, dem Herrn nachzufolgen, wohin immer er uns führt.

Wir haben auch das wahre Wesen der Taufe in Christo erfassen dürfen. Die Ausdrücke: durch den Geist „gezeugt“, „geboren“, „versiegelt“, „gesalbt“ sind durch die „zugemessene Speise zur rechten Zeit“ unserem Begriffsvermögen nahegerückt. Und: zu wissen, daß die menschliche Schöpfung kein Fehlschlag ist, gehört mit zu der inneren Befreiung von Irrtum und Aberglauben, die die Wahrheit in uns erwirkt hat. „Die Wahrheit wird euch frei machen“, versprach der Herr vor zweitausend Jahren, und sie  h a t  es getan: heute - seit seiner parousia, seinem Da-Sein - mehr, als die vielen Jahrhunderte zuvor.

Es ist so wichtig, dies alles in uns aufzunehmen. War man doch in den christlichen Kirchen bislang von dem Gedanken durchdrungen, die ganze Welt „bekehren“ zu müssen, Und - wie sieht es heute mit dieser Bekehrung aus? Wer die Wahrheit nicht kennt, muß ja angesichts unserer heutigen Wirrnisse den Glauben an den Auftrag des Herrn verlieren; mehr noch: er muß überhaupt alles verlieren, was er bisher von dem Wenigen, das ihm aus dem Worte Gottes vorgesetzt wurde, noch im Glauben angenommen hat. Wo die Grundlage fehlt, wankt das ganze Gebäude.

Indes - so paradox das auch klingen mag: für die, welche der „Stimme“ des Herrn Gehör geschenkt haben, die das „Abendbrot“ mit dem Herrn essen dürfen, sind gerade diese chaotischen, erschreckenden Zustände in der gesamten Menschheit eine beweiskräftige Stärkung ihres Glaubens in die Wahrhaftigkeit des göttlichen Wortes. „Wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf Erden?“ (Lk.18:8) Jesus wußte es. In der Gabe, Zukünftiges zu erblicken, sah er schon damals in unsere heutige Zeit.

Wir könnten fortfahren, Punkt für Punkt der Wahrheit in Erinnerung zu bringen - und Vergleiche anstellen mit dem, was vor und mit dem, was nach der Wiederkunft unseres Herrn vom Plan Gottes bekannt war bezw. bekannt wurde. Wer sich diesem Studium hingibt, merkt zweifellos, wie sehr das  w i e d e r h e r g e s t e l l t e,  wahre Evangelium Jesu Christi die Grundfesten der verdunkelten Lehren vergangener Jahrhunderte erschütterte. Ja - er bemerkt das  L i c h t,  das von der Gegenwart Christi inmitten der geistigen Finsternis dieser von Satan beherrschten Welt aufleuchtet.

Es gibt trotz eifrigen Studiums gar manchen, der dennoch das Licht der Gegenwart des Herrn nicht wahrnehmen kann, weil die Finsternis der Welt ihm zu dicht erscheint. Auch Johannes, der Täufer, als er im Gefängnis war, ließ an Jesus die Frage richten: „Bist du der Kommende, oder sollen wir eines anderen warten? Und doch hatte Johannes persönlich den Herrn im Jordan getauft und ausgerufen: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ (Mt.11:3; Joh 1:29). Und was antwortete Jesus? „Gehet hin und verkündet Johannes, was ihr  h ö r e t  und  s e h e t.“  - Mt.11:4.

S e h e n  nicht auch wir Beweise seiner Gegenwart: den ersten Weltkrieg, den zweiten Weltkrieg, die großen Revolutionen, die Seuchen, die protestierenden Menschenmassen im Fernsehen (das „brausende“ Völkermeer)? Sehen wir nicht die „Ratlosigkeit der Nationen“, vor allem auch den Fluch, der auf den Erfindungen der Technik liegt, die zwar zum Guten benutzt werden könnten, aber zum Niedergang der Menschheit mitwirken-? Die Zunahme der Erkenntnis auf allen Gebieten, die „Erschütterung der Himmel“ - und die beklemmende Lage Israels, des „Feigenbaumes? Heute können wir die bedrohliche Lage der gesamten Menschheit lebendiger als je zuvor erkennen, die indirekt in Mt.24:22 vorausgesagt wurde: „… und wenn jene Tage“ (in denen wir uns heute befinden) „nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden.“ Dem Herrn sei Dank: Sie  w e r d e n  zu der von Gott vorgesehen, rechten Zeit verkürzt werden.

Obwohl diese sieben Botschaften an sieben zur damaligen Zeit wirklich bestehende Versammlungen gerichtet waren, hat ihr Inhalt gleichermaßen auf sieben verschiedene Zeitabschnitte in der Geschichte der christlichen Kirche Anwendung gefunden. Die Grundsätze jedoch, die in diesen sieben Botschaften dargelegt werden, beziehen sich auf das Volk Gottes, das in  j e d e r  dieser Zeitperioden inmitten der sich nur bekennenden Kirche lebte.

Laodicäa nun ist - wie alle vorhergenannten ekklesien - trotz ihrer einstigen tatsächlichen Existenz ein Symbol: Symbol für die letzte Zeitperiode der Kirche Christi in diesem zu Ende gehenden Zeitalter. Die letzte Botschaft an diese letzte Versammlung (griech.: ekklesia = Herausgerufene) scheint eine ernste Warnung an die wahren Gläubigen zu sein, die sich  n o c h  unter den nur oberflächlichen, lauen, sich „Christen“ Nennenden befinden. Denn die Werke, auf die der Herr in dieser Botschaft Bezug nimmt, sind keine Werke, die aus einem dem Herrn völlig ergebenen, liebreichen und treuen Herzen kommen. Der Herr führt hier vielmehr ein Charakterbild an von Menschen, die sich wohl äußerlich zu Ihm bekennen mögen; aber die Art des Dienstes, die erforderlich ist, um ein Sohn Gottes oder ein Bruder Jesu Christi zu werden, nicht verstehen - und dem Herrn deshalb auch nicht annehmbar dienen können.

Der satte, selbstgefällige, aber auch gleichgültige Zustand einer in Wahrheit „jämmerlichen“ Herzensgesinnung der Laodicäa-Kirche veranlaßt den Herrn, harte Worte auszusprechen: „Ich werde dich ausspeien aus meinem Munde.“

Dreieinhalb Jahre wirkte Jesus Wunder über Wunder in Israel als Beweis seiner göttlich-messianischen Sendung. Er wurde verworfen und getötet. Damals sprach er kurz vor seiner Kreuzigung die wohlbekannten Worte aus: „Euer Haus wird euch öde gelassen.“ (Mt.23:38) Israel als Volk sollte ohne geistige Speise, ohne Gnade des Geistes Gottes bleiben: öde - und verlassen! Bis …

Die göttlichen Gnadengaben und Verheißungen für Israel wurden danach auf die Kirche Christi übertragen; sie wurden einer „Nation gegeben, welche dessen Früchte bringen wird.“ (Mt.21:43). Und - wie Paulus bezeugt - der Verlust Israels wurde zum „Reichtum der Nationen.“ - s. Röm.11:12.

Dieser „Reichtum“ war ein geistiger, kein materieller. Und dieser köstliche, göttliche Reichtum kann nur gute Früchte in einem demütigen, „armen, elenden“, sich seiner Nichtigkeit vor Gott bewußten Herzen bringen. Den geistigen Reichtum zu behalten, sobald er jemandem anvertraut wird, bedarf es eines „heißen“ Herzens - eines Herzens der Ehrfurcht, der Hochachtung, der zutiefst ehrerbietigen Anbetung, der über allem stehenden Liebe zum Himmlischen Vater, zum Herrn. Israel verwarf seinen Messias, und sein Haus wurde ihm „öde“ gelassen. Es ist „blind“ und „taub“ bis zum heutigen Tag für die Erkenntnis dessen, der für sie am Kreuze starb. Die christlich-nominelle Kirche - als Gegenbild zu dem abgefallenen Israel - wurde inzwischen reich an materiellen Gütern, unermeßlich reich. Sie wurde mächtig, sie herrschte über „die Armen“, sie wurde satt und gerecht, sie „bedarf nichts.“

In ihr verborgen, unerkannt, wenn auch z.T. grausam verfolgt, lebte die ekklesia, die herausgerufene Gemeinde Jesu Christi: demütige treue, opfernde liebende Nachfolger des Herrn, die sich immer bewußt waren, „bedürftig“ zu sein - bedürftig der sündenbedeckenden Gerechtigkeit Jesu Christi. Sie waren es auch, die das wahre Evangelium (soweit ihnen vom Herrn geoffenbart) durch die Jahrhunderte der wild wachsenden Irrtümer und des wuchernden Aberglaubens hindurchgetragen haben.  S i e  haben die Früchte gebracht, die der Herr an seinem Volk sehen wollte.

Und nun - in der letzten Kirchenperiode, (in deren Anfang der Weizen vom Lolch noch nicht getrennt ist) - in „Laodicäa“, geschieht etwas Durchgreifendes, etwas Endgültiges: „So werde ich dich ausspeien aus meinem Munde“, oder (genauer übersetzt): ich stehe im Begriff, dich aus meinem Munde auszuspeien. Der „Mund“ ist das Werkzeug der Sprache als auch der Aufnahme für Speise. Die vernünftige Folgerung dieser bildlichen Sprache wäre wohl diese: Wen der Herr seines „Mundes“ nicht mehr für würdig hält, dem wird er auch nicht mehr gestatten, seine Frohe Botschaft des Heils und der Errettung zu verkündigen. Desgleichen wird er ihm auch nicht mehr  d i e  Speise zukommen lassen, die für jeden Gläubigen Leben im wahren Sinne bedeutet.

„Wenn du das Köstliche vom Gemeinen ausscheidest, so sollst du wie mein Mund sein“, läßt der Herr den Propheten verkünden. (Jer.15:19) Die letzte Stufe der bekennenden Kirche scheint diesem Wort kein Gehör zu schenken; deshalb muß der Herr in gleicher Weise mit ihr verfahren, wie bei seiner ersten Gegenwart mit seinem Volke Israel: „Weil du lau bist … und bedarfst nichts, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ Du wirst öde gelassen werden.

Jer.25:6,7: „Und wandelt nicht anderen Göttern nach, um ihnen zu dienen und euch vor ihnen niederzubeugen; reizet mich nicht durch das Werk eurer Hände, daß ich euch nichts Übles tue“, spricht der Allerhöchste durch den Mund des Propheten. „Aber ihr habt nicht auf mich gehört, spricht Jahwe, um mich durch das Werk eurer Hände zu reizen,  e u c h  z u m  U n g l ü c k.“  Diese Worte sind zwar an Juda gerichtet, das von Gott ausersehen zum Werkzeug seiner Verkündigung, zum Träger seiner Verheißungen und zum Vorbild für spätere Zeitalter damals immer noch das einzige Volk auf Erden war, zu dem Gottes Stimme sprach. Wir glauben, daß viele prophetische Worte - damals an Israel gerichtet - ebenso auf das gegenbildliche „geistliche“ Israel unseres Zeitalters anzuwenden sind: auf das „Volk“, das vorgibt, seinem heiligen Namen zu dienen und somit ihm auch verantwortlich ist. Darum möchten wir zum weiteren Nachdenken in der Prophezeiung Jeremias fortfahren. Wir zitieren Vs.10 desselben Kapitels (25): „Und ich will unter ihnen aufhören lassen die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe.“

Es ist auffallend, wie oft diese Prophezeiung ausgesprochen ist. Wir lesen gleiche Worte in Jer.7:34; 16:9 und Off.18:23. Wo wird die „Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut“ noch vernommen? Wer verkündigt heute noch das „Geheimnis des Christus“, wie es Paulus, dem großen Apostel, geoffenbart worden ist? - s. Eph. Kapitel 3; 6:19; Kol.1:26,27; Kol.2:2; 4:3.

„Ich bin das Brot des Lebens.“ (Joh.6:35, 41, 48) „Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herniedergekommen ist; wenn jemand von diesem Brote ißt, so wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde  f ü r  d a s  L e b e n  d e r  W e l t.“  - Joh.6:51

„Das Geräusch der Mühlen“, die dieses „Brot“ zur Speisung der Hungrigen zubereiten - wo ist es zu hören? Die Lehre vom Lösegeld des Gottessohnes - einziger Trost und einzige Hoffnung der Welt - wer trägt sie heute noch in die Welt hinaus? Das „Licht der Lampe“, das Licht der gesunden Lehre des unverfälschten Evangeliums Jesu Christi - in Laodicäa ist es erloschen. Und lesen wir nach in Off.18:23, so hören wir dieselbe Stimme wieder, die da spricht: „… und das Geräusch des Mühlsteins wird  n i e  mehr in dir gehört werden, und das Licht der Lampe wird  n i e  mehr in dir scheinen, und die Stimme des Bräutigams und der Braut wird  n i e  mehr in dir gehört werden.“ „Weil du lau bist, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“

(Der Vollständigkeit halber sei auf die fünfte Stelle hingewiesen, in der die Prophezeiung von Jer.25:10 wiederkehrt. Wir lesen in Jer.33:10,11. Wenn Israels „BIS“ erfüllt ist, wird die Gnade Gottes zu seinem Volke zurückkehren. Dann - endlich - wird Israel „wiederum“ hören „die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut“; nicht mehr als (nicht verstandene) Verheißung, aber als unter dem Geist Gottes erkannte Erfüllung in dem vollendeten „Geheimnis Gottes“: Christus Haupt und Leib.

Zurück zu Laodicäa. In ihr ist ja anfangs noch immer die Schar der nach Gerechtigkeit Hungernden, der zum Herrn Stehenden - die Schar der „Kleinen“, der „Armen im Geiste“, der „Elenden.“ Für sie ruft der Herr: „Gehet aus ihr hinaus, mein Volk!“ „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an!“

S i e  öffnen,  s i e  sind eifrig im Umsinnen, im „Buße tun“;  s i e  kaufen „Augensalbe“, um die köstlichen Wahrheiten des Liebesratschlusses des Allmächtigen „sehen“ zu können, und sie haben sich bedecken lassen mit dem fleckenlosen, weißen Gewand der Gerechtigkeit Jesu Christi.  S i e  kaufen „Gold, geläutert im Feuer.“ Das heißt: sie legen ihr Leben als Opfer nieder zum Lobpreis und Dank für die unermeßliche Liebe Gottes. Und wenn sie sich dem läuternden Feuer der von Gott zugelassenen Prüfungen demütig hingeben, werden sie das „Gold“ der göttlichen Natur in der ersten Auferstehung empfangen dürfen zusammen mit ihrem „Bräutigam“, ihrem geliebten Herrn und Meister.

Es ist von tiefer Bedeutung, daß unmittelbar nach der Versicherung Jesu: „Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an“, er sich an jene wendet, die seine Stimme hören und sich ihm auftun: „Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Throne zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater gesetzt habe auf seinen Thron.“ - Off.3:21.

Laßt uns der kalten Gleichgültigkeit der Welt und dem Widerspruch unserer Gegner gegenüber treu zu unserem Auftrag stehen, als „Zeugen Jesu“ um des Wortes Gottes willen standhaft ausharren bis zum Ende. Wie beglückend wäre es für einen jeden von uns, als Abbild dessen erfunden zu werden, der vor Pilatus sprach:

„Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, auf daß ich der  W a h r h e i t  Zeugnis gebe.“ - Joh. 18:37



Tagesanbruch Bibelstudien- Vereinigung