Des Christen Leben und Lehre |
Schweigen vor Gott
Es gibt viele wertvolle Belehrungen, die wir während des Lebens zu lernen versäumen, nur weil wir ständig so eifrig darauf bedacht sind, anderen zu erzählen, was wir wissen oder zu wissen meinen. So können wir dem nicht die rechte Beachtung schenken, was sie uns zu sagen versuchen. Der wahre weise Mann ist der, der gelernt hat, ein guter Zuhörer zu sein. In der Tat ist es oft bei weitem nicht so wichtig, selbst zu reden, als dem zuzuhören, was ein anderer uns sagt. Worte sind das Mittel, durch das Gedanken gegenseitig ausgetauscht werden. Wenn wir also wirklich wissen möchten, welche Gedanken unsere Freunde und Mitverbundenen haben, müssen wir bereit sein, auf ihre Worte zu hören.
Es ist wahr, daß die Worte eines anderen durch Taten, die in Übereinstimmung mit den Worten sind, bestätigt werden müssen, bevor wir wirklich sicher sein können, daß das, was er sagt, die wahre Stellung des Herzens und Sinnes offenbart. Aber ohne die gesprochenen Worte des anderen hätten wir große Schwierigkeiten, ihn kennenzulernen. Nehmen wir das Beispiel, wenn sich zwei Christen zum ersten Mal begegnen.Sie haben sich niemals zuvor gesehen, doch bei dieser Gelegenheit sind sie so zusammengeführt worden, daß sie verschiedene Stunden eine Gelegenheit zur Unterhaltung haben. Möglicherweise ist der eine von Natur aus ziemlich gesprächig, während der andere schweigsam, ja fast schüchtern ist, besonders Fremden gegenüber.
Derjenige der Geschwister, dem es leicht fällt, eine Unterhaltung zu führen, tut dies natürlich. Da Gott und Sein kostbares Wort bei ihm an erster Stelle stehen, spricht er selbstverständlich über diese Dinge. Außer einem gelegentlichen Ja oder Nein des anderen fährt er fort, über die herrlichen Wahrheiten zu sprechen, die der Herr ihm gezeigt hat. Ohne daß dieser nun erkennt, was vor sich geht, beginnt der Schweigsame, ihn kennenzulernen, denn durch seine Worte offenbart er sich ihm als ein Christ und als einer, der fest an die herrlichen Wahrheiten des göttlichen Planes glaubt. Er hat nicht gesagt: Ich bin ein Christ, und ich glaube an die Bibel. Das war nicht nötig, weil seine ganze Unterhaltung diese Tatsache demjenigen geoffenbart hat, der ihm zuhörte.
Da der Schweigsame aus den Worten des anderen erfährt, wo dieser steht, daß seine Ansichten und Hoffnungen mit seinen eigenen übereinstimmen, fühlt er sich in seiner Gegenwart dann nicht mehr als Fremder. Und darum wird er selbst beginnen, an der Unterhaltung teilzunehmen. Dann besteht eine gesegnete Gemeinschaft zwischen den beiden - die Gemeinschaft geistverwandten Sinnes, die von oben stammt. Und das, was diese gesegnete Gemeinschaft herbeigeführt hat, waren Worte, durch welche jeder dieser Geschwister dem anderen offenbarte, was in seinem Herzen und in seinen Gedanken war. Dann erkannten sie, daß es ein Band zwischen ihnen gab, das ihre Herzen in christlicher Liebe miteinander verband.
Andere Beispiele
„Aus der Fülle des Herzens redet der Mund”, sagt uns die Heilige Schrift. Wenn wir also mit verschiedenen Menschen in Berührung kommen, erfahren wir von ihren Interessen im Leben hauptsächlich durch das, worüber sie reden. Wenn wir jemand viel über Filme und über Schauspieler und Schauspielerinnen, die darin ihre Rollen spielen, reden hören, so schließen wir daraus, daß er für Filme begeistert ist. Ebenso können wir leicht erkennen, ob jemand ein Golfspieler, ein Musiker, ein Artist oder sonst etwas ist. Und wenn wir bei der Bekanntschaft mit einem anderen erkennen, daß seine Worte die wahren Gefühle seines Herzens Lügen strafen, dann können wir daraus schließen, daß er ein Heuchler ist.
Diese sehr praktische und verständliche Art, durch die wir unsere Mitmenschen erkennen lernen, stellt uns bildlich die Art und Weise dar, durch die sich Gott, unser Himmlischer Vater, uns geoffenbart hat. Niemand hat Gott jemals gesehen, noch ist es für ein menschliches Wesen überhaupt möglich, Ihn anzublicken; aber Er hat durch Sein Wort zu uns gesprochen. Und in dem Maße, in dem wir lernen, gute Zuhörer zu sein - vor Ihm zu schweigen - werden wir Ihn erkennen. Schließlich werden wir dadurch auch in einem gewissem Grad die Beweggründe erkennen können, die Ihn zum Handeln zugunsten des Menschengeschlechts veranlassen.
Die Bedeutung, Gott zu erkennen, wird von Jesus betont, wenn er sagt: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen”. - Johannes 17:3 Und dann sagt uns Jesus, wie diese Erkenntnis empfangen wird: „Ich habe deinen Namen geoffenbart den Menschen, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. … Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und haben geglaubt, daß du mich gesandt hast. … Heilige sie durch die Wahrheit: dein Wort ist Wahrheit.” - Johannes 17:6, 8 und 17
Wenn wir einander wirklich durch die Worte erkennen wollen, so muß die Unterhaltung, wie wir bereits bemerkt haben, den wahren Herzenszustand widerspiegeln. Wenn jemand anders redet, als er handelt, dann ist kein Verlaß auf seine Worte. Daher gibt es dann auch keine Grundlage zum Vertrauen in irgend etwas, was eine solche Person uns sagen mag. Wir können Gott nicht sehen, aber Er hat einen deutlichen Beweis für die Wahrheit Seines Wortes gegeben, indem Er Seinen geliebten Sohn, den Logos, in die Welt sandte als eine deutliche Darstellung des göttlichen Charakters. Jesus sagte: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen”, natürlich nicht buchstäblich, aber die Worte des Vaters sind durch den Sohn dargestellt und ausgelegt worden.
Die wahre Erkenntnis Gottes
Die wahre Erkenntnis Gottes, die für alle so wichtig ist, die sich bemühen, Seine gehorsamen Kinder zu sein, wird in Jeremia 9:23 und 24 beschrieben: „So spricht Jahwe: Der Weise rühme sich nicht seiner Weisheit, und der Starke rühme sich nicht seiner Stärke, der Reiche rühme sich nicht seines Reichtums; sondern wer sich rühmt, rühme sich dessen: Einsicht zu haben und mich zu erkennen, daß ich Jahwe bin, der Güte, Recht und Gerechtigkeit übt auf der Erde; denn daran habe ich Gefallen, spricht Jahwe.” Wie wenige gibt es bis jetzt in der Welt, die Gott als denjenigen erkennen, dem es gefällt, Güte auf der Erde zu üben. Wir wissen selbstverständlich, daß dafür die rechte Zeit noch nicht gekommen ist, daß die Erkenntnis Gottes die Erde erfüllt; aber abgesehen davon, erkennen die Menschen Gott jetzt nicht, weil sie versäumt haben, auf Seine Worte zu hören. Gott hat gesprochen, aber Seine Worte sind von fast allen unbeachtet geblieben. Viele haben nur mit halbem Herzen zugehört, während andere - religiöse Schwärmer - ihrerseits zum Herrn geredet und Ihm widersprochen haben. Diese letzteren sind keine guten Zuhörer gewesen; sie waren vielmehr zu sehr darauf bedacht, ihre eigenen Stimmen zu hören.
Gott hat durch Sein Wort gesprochen. Wir lesen: „Der Mächtige, Gott, Jahwe hat geredet und die Erde gerufen vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang.” - Psalm 50:1 Doch während Gott so zu Seinem bekennenden Volk geredet hat, hat nur hier und da einer „ein hörendes Ohr” gehabt. So war es während jenes vorbildlichen Zeitalters, als Gott mit Seinem vorbildlichen Volk Israel handelte. Zu diesem sagte Jeremia: „Jahwe hat alle seine Knechte, die Propheten, zu euch gesandt, früh sich aufmachend und sendend; aber ihr hörtet nicht und neigtet eure Ohren nicht, um zu hören.” - Jeremia 25:4 Das waren keine guten Zuhörer.
Gott spricht immer noch durch Sein Wort zu Seinem Volk, und wenn wir als einzelne Erkenntnis über Ihn, die so wichtig ist, erwerben wollen, so müssen wir lernen, Ihm zuzuhören. Wenn wir uns bestimmte Vorstellungen in unseren Gedanken darüber machen, wie Gott sein oder was Er tun sollte, dann verdrehen wir Seine Worte zu einer Form, die zu unseren eigenen Gedanken paßt. Eine solche Haltung ist nicht die des Schweigens vor Gott. Sie bechreibt gut die Gewohnheit von jemand, der niemals bereit ist, dem zuzuhören, was ein anderer sagt, sondern immer in der Mitte eines Satzes unterbricht, um seine eigenen, widersprechenden Gedanken zur Sprache zu bringen. So verfehlt er nicht nur, den vollständigen Gedanken zu hören, der ausgedrückt werden soll, sondern mehr als das; er hat wahrscheinlich sogar nicht auf den Anfang des Satzes gehört, weil seine Gedanken so davon in Anspruch genommen sind, was er selbst sagen will. Laßt uns nicht in dieser Herzensstellung sein, wenn wir Gottes Wort lesen, weil wir sonst zeigen würden, daß wir lesen, um das Buch zu belehren, anstatt belehrt zu werden.
Das ganze Wort offenbart Gott
An vielen Stellen in der Bibel hat Gott direkt von Seiner Liebe gesprochen, und wir freuen uns über diese direkten und gesegneten Zusicherungen. Dann zeigt Sein herrlicher Plan der Erlösung sowohl die Liebe Gottes, als auch die anderen Eigenschaften Seines Charakters; und so spricht Gott zu uns durch Seinen Plan. Das Gesetz, das Er Seinem Volk gegeben hat, offenbart auch den göttlichen Charakter, weil Er als der oberste Gesetzgeber Seinen Geschöpfen nur solche Vorschriften auferlegt, die Seinen eigenen Maßstab der Gerechtigkeit zeigen. In der Tat, es würde für jemand ganz unmöglich sein, eine wahre Erkenntnis Gottes zu erwerben, ohne das eifrige Bemühen, Seine Gesetze zu erkennen und ihnen zu gehorchen.
Der Psalmist erklärt: „Das Gesetz Jahwes ist vollkommen, erquickend die Seele; das Zeugnis Jahwes ist zuverlässig, macht weise den Einfältigen. Die Vorschriften Jahwes sind richtig, erfreuend das Herz; das Gebot Jahwes ist lauter, erleuchtend die Augen. Die Furcht Jahwes ist rein, bestehend in Ewigkeit. Die Rechte Jahwes sind Wahrheit, sie sind gerecht allesamt; sie, die köstlicher sind als Gold und viel gediegenes Gold, und süßer als Honig und Honigseim. Auch wird dein Knecht durch sie belehrt; im Beobachten derselben ist großer Lohn.”- Psalm 19:7 - 11
Jesus erklärte, daß der Zweck des Gesetzes Gottes - des Gesetzes, das in den Zehn Geboten zusammengefaßt war - darin bestand, uns zu lehren, Gott zu lieben mit unserem ganzen Herzen, und unseren Nächsten wie uns selbst. Und Paulus erklärt: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe die Summe (Fülle) des Gesetzes.” -Römer 13:10 Indem uns also das Gesetz lehrt, Gott zu lieben und unsere Nächsten zu lieben, lehrt es uns, Gott ähnlich zu sein, denn Er ist Liebe; und Seine Liebe ist gegen alle geoffenbart. Es ist Sein Wohlgefallen, Güte auf der Erde zu üben.
Worte, bestätigt durch Taten
Der Himmlische Vater hat uns nicht nur Seiner Liebe versichert, und durch Seinen Plan und durch Sein Gesetz Seinen Charakter geoffenbart, sondern Er hat Seine Worte auch durch Taten bestätigt. „Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab.” - Johannes 3:16 Ja, „also” liebte Gott, daß Er „gab”. In dieser Tat sehen wir Gott sich uns offenbaren, und schließlich wird diese Offenbarung auf die ganze Welt ausgedehnt. Wie wir bereits gesehen haben, stellte Jesus durch sein Leben und seinen Tod den göttlichen Charakter für uns dar.
So wie der Vater Seine Liebe durch die Gabe Seines Sohnes zeigte, so liebte auch Jesus - liebte so vollständig, daß er sein Leben opferte, damit andere leben möchten. Wie der Vater gab, so gab Jesus - gab uneingeschränkt, bis alles, was er zu geben hatte, auf dem Altar liebevollen Dienstes für ein sterbendes Geschlecht verzehrt war. So waren die Worte Gottes, die Seine liebevollen Absichten für das Menschengeschlecht zeigen, Ja und Amen für uns durch Jesus Christus.
Gottes Mitleid
Da Gott durch Sein Wort und Seinen Plan zu uns redet, erfahren wir auch von Seinem Mitleid. Er verurteilte den Menschen wegen der Sünde zum Tode, aber es wird uns auch gesagt, daß Er kein Gefallen am Tode dessen hat, der stirbt, daß Er „langmütig ist, da er nicht will, daß irgendwelche verloren gehen”. Jesus veranschaulichte diese göttliche Charaktereigenschaft des Mitleids und gab uns damit eine Darstellung, wie sie wirkt. Wir wissen, daß Jesus Jerusalem die Verwüstung ankündigte, aber nicht ohne Schmerz, daß der Zustand Jerusalems derart war, daß kein anderer Weg für ihn blieb. „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt” ist der Ausdruck, durch den Jesus seine Worte einleitete, die den Beginn des „Doppelten” der Strafzeit für das fleischliche Haus Israel anzeigten.
Gewöhnlich denken wir, daß die Eigenschaft hingebender Liebe das ist, was unseren Geist der Treue Gott gegenüber ausdrückt. Die wahre hingebende Liebe jedoch geht zu allererst vom Himmlischen Vater für Seine Geschöpfe aus, und besonders für diejenigen, die in Bundesbeziehung mit Ihm stehen. Ja, Gott ist ein Gott, der einen Bund hält, und deshalb können wir uns auf Ihn verlassen. Gott hat es unternommen, ein bestimmtes, liebevolles Programm für das gefallene Geschlecht durchzuführen, und Er widmet sich völlig der Ausführung dessen, was Er zu tun beabsichtigt hat. Diese herrliche Absicht ist im Abrahamischen Bund enthalten, und damit wir „einen starken Trost” - volle Gewißheit - haben können, besiegelte Gott diesen Bund mit Seinem Eid.
Gott ändert Seine Absicht nicht, noch weicht Er in irgendeiner Weise von ihr ab. In Seiner Liebe beabsichtigte er, Jesus zu senden, um die Menschen vom Tode zu erlösen, und so schließlich das Grab zu vernichten. Auch hat Er verheißen, daß Er es nicht bereuen, noch diese Absicht ändern wird. Welche gesegnete Zusicherung für unseren Glauben wäre uns entgangen, wenn wir nicht zugehört hätten, als Gott über die Unveränderlichkeit Seiner Absicht zu uns gesprochen hat. Ja, Er ist ein treuer Gott, und Er wünscht, daß auch wir ein treues Volk sind - „Seid heilig, denn ich bin heilig”.
Wenn wir keine Versicherung über Gottes Treue hätten, von welchem Wert wären dann seine Verheißungen für uns? Wir freuen uns über die große Tragweite jener Verheißung, alle Dinge zu unserem Guten mitwirken zu lassen, doch der leiseste Zweifel, daß Gott nicht zu dieser Verheißung stehen könnte, würde sie ihrer Schönheit berauben und uns auf dem Meer der Ungewißheit treiben lassen. Aber diejenigen, die bereit gewesen sind, Gott zuzuhören, als Er zu ihnen sprach, sind durch Seine Worte nicht nur der verheißenen Gnade versichert worden, ihnen in Zeiten der Not zu helfen, sondern durch praktische Erfahrung haben sie noch weitere Gewißheit Seiner Treue für sie erlangt.
Jesus, das lebendige Wort, stellte diese Charaktereigenschaft der Treue des Vaters dar. Zu Beginn seines Dienstes ging Jesus einen Bund mit seinem Himmlischen Vater ein, und er gab sich völlig der Ausführung dieses Bundes hin. Er sagte: „Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe.” Es gab Zeiten, in denen die Bedingungen des Bundes sehr schwer für den Meister waren, und einmal rief er aus: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst”. So haben wir in der Treue Jesu dem Vater gegenüber das Beispiel der Treue des Vaters denen gegenüber, die Er segnen will.
Gott vergibt
Die Vergebung ist eine andere herrliche Charaktereigenschaft, die Gott besitzt, wie wir erfahren haben. Diese wunderbare Mitteilung über Ihn haben wir auch nur erhalten, indem wir auf das gehört haben, was Er zu uns sagt. Hätte Gott den Geist der Vergebung nicht gehabt, hätte Er keine Vorkehrung für die Erlösung des Menschengeschlechts getroffen. Aber da Er zu vergeben wünschte, sandte Er Seinen Sohn, damit Er durch ihn gerecht bleiben und doch alle rechtfertigen könnte, die durch Christus zu Ihm kommen.
Dieser wunderbare Geist der Vergebung wird auch im Leben Christi gezeigt. Nur weniges ist schwerer zu ertragen, als von Freunden verlassen zu werden. Jesus erfuhr dies mit seinen Jüngern. In der schwersten Zeit seiner Prüfung und Kreuzigung, als er Freunde mehr als zu irgendeiner anderen Zeit seines Lebens brauchte, verließen ihn seine Jünger. Petrus ging sogar so weit, den Meister zu verleugnen. Aber Jesus war zu vergeben bereit, und er vergab - und das so gnädig. Jesus fragte Petrus nur: „Liebst du mich mehr als diese?” und auf eine Versicherung von Petrus, daß er ihn liebte, setzte er ihn als Gesandten und Apostel in den göttlichen Dienst wieder ein.
Geduld mit Übeltätern
Gott ist mit Übeltätern geduldig. Dies sagt Er uns nicht nur in Seinem Wort, sondern die ganzen 6.000 Jahre der Weltgeschichte beweisen dies. Jedes einzelne Kind Adams hat genügend Sünde gegen Gott begangen, um es aus dem Leben auszulöschen. Aber Gott hat dies nicht getan. Er ist geduldig gewesen mit dem Menschengeschlecht. Seine Liebe hat nicht nur eine Erlösung vorgesehen, um eine zukünftige Errettung vom Tode möglich zu machen. Er hat auch geduldig 6.000 Jahre der Lästerung gegen Seinen liebevollen Charakter ertragen, weil Er wünschte, daß jeder einzelne des Menschengeschlechts eine bestimmte erfahrungsmäßige Erkenntnis der Sünde und ihrer Folgen erlangen soll, damit dann später in der Zeit des Königreiches alle um so besser den wahren Wert der Gerechtigkeit wertschätzen können.
Jesus, der uns den Vater offenbarte, hatte diese Eigenschaft der Geduld. In Hebräer 12:3 werden wir an den „großen Widerspruch der Sünder” erinnert, den Jesus gegen sich erduldete, und wir werden ermahnt, ihn zu betrachten, damit wir nicht ermüden, indem wir in unseren Seelen ermatten. Als Jesus geschmäht wurde, schmähte er nicht wieder. Er war immer bereit, die zu segnen, welche ihm Unrecht taten, Böses mit Gutem zu vergelten. So war Jesus wie sein Vater im Himmel.
Die Lektion der Geduld und Langmut mit Übeltätern ist eine der schwersten, die der Christ zu lernen hat. Wenn uns widersprochen wird, ist die natürliche Neigung des gefallenen Fleisches, zurückzuschlagen. Wenn ein schlechter Bericht über uns umhergeht, besteht gewöhnlich der Wunsch, sofort Schritte zu unternehmen, häufig unschriftgemäße Schritte, um uns in den Augen anderer zu rechtfertigen. Manchmal geschieht es, daß die Mittel der Rechtfertigung andere in ein schlechtes Licht rücken, und so wird Böses mit Bösem vergolten, anstatt Böses mit Gutem.
Hören wir auf Gott?
So redet also Gott zu uns. Hören wir ihm gut zu? Wenn nicht, versäumen wir Ihn kennzulernen. Wenn wir darauf bestehen, unsere eigenen Gedanken in die Unterhaltung einzubringen, dann können wir keinen richtigen Einblick in den wunderbaren Charakter Gottes erhalten, noch können wir wahre Gemeinschaft mit Ihm haben. Polemik ist nicht Gemeinschaft, weder zwischen uns und Gott, noch zwischen den Geschwistern. „Wandeln wohl zwei miteinander, es sei denn, daß sie übereingekommen sind?” ist eine Frage, auf die es nur eine richtige Antwort gibt: Nein, das können sie nicht.
Gott redet zu uns durch Sein Wort, indem Er sich selbst und Seinen Plan uns offenbart, weil Er wünscht, daß wir bei der Ausführung dieser Pläne mit Ihm wandeln. Er wünscht, daß wir Seinen Geist im Tun der Dinge offenbaren, die Er uns zu tun gegeben hat. Er wünscht, daß wir Ihm ähnlich und mit Ihm eins werden. Es gibt nur einen Weg, diese genaue und persönliche Erkenntnis Gottes zu erlangen, und der ist, vor ihm zu schweigen und Ihn zu uns reden zu lassen. Wenn wir dies demütig und ehrfürchtig tun, und für das Begeisterung zeigen, was Er uns sagt, dann können wir wahre Gemeinschaft mit dem Vater und mit dem Sohn haben. Gottes Wille wird unser Wille, und wenn wir dann zu Ihm reden, werden es Worte des Dankes mit dem Verlangen sein, Ihm nicht unsere eigenen Wünsche vorzutragen, sondern nach den Seinen zu fragen, damit wir Seine Wege noch vollkommener erfahren können.
So wird unsere Gemeinschaft mit Gott auf Grund unserer völligen Übergabe, Seinen Willen zu tun, möglich gemacht. Indem wir auf Seine Worte hören, und dadurch einen Schimmer von Seinem Charakter erlangen, kommen wir zu dem Entschluß, eine engere Bekanntschaft mit Ihm zu machen - „mit Gott zu wandeln”. Wir erfahren, daß diese Gemeinschaft mit dem Vater durch den Sohn möglich gemacht ist, und eine Gemeinschaft an den Leiden des Christus einschließt. Jesus litt und starb, weil er in seiner Treue das an andere weitergab, was der Vater zu ihm geredet hatte. Wenn wir an den Leiden Christi teilhaben, dann deshalb, weil auch wir, wie Jesus, treu sind im Zeugnisgeben für die große Liebe des Himmlischen Vaters - eine Liebe, die durch die verschiedenen Züge des göttlichen Planes der Errettung geoffenbart wird.
Ja, Gott will, daß wir sprechen, nicht um unsere eigenen Gedanken auszudrücken, sondern um anderen zu erzählen, was Er uns gesagt hat. Er wünscht, daß wir Seine Gesandten in der Welt sind, „darstellend das Wort des Lebens”. Aber indem wir dies tun, laßt uns weiter gute Hörer sein, wenn Gott zu uns spricht. Wohl macht die Heilige Schrift es klar, daß es in der jetzigen Zeit nicht viele geben wird, die hörende Ohren für die Worte Gottes haben. Daher sollten wir nicht entmutigt sein, wenn wir nur dürftige Resultate aus unserem Zeugniswerk hervorgehen sehen. Zudem befinden wir uns jetzt nur in der Ausbildung für das große zukünftige Werk, die Erde mit einer Erkenntnis von der Herrlichkeit Gottes zu erfüllen. Darum ist es so wichtig, daß wir durch die Worte, die Er zu uns redet, eine richtige Vorstellung von Gott erlangen, und uns infolge dieses klaren Begriffs von ganzem Herzen bemühen, Ihm ähnlich zu werden.
Er wünscht von uns, daß wir Ihm in Liebe ähnlich sind. Das heißt, Er wünscht unsere Bereitwilligkeit, selbst das Leben zu opfern, damit andere gesegnet werden möchten. Er wünscht, daß wir Ihm in gänzlicher Hingebung ähnlich sein möchten, und daß wir nichts zulassen, das uns vom Weg der Treue dem Opferbund gegenüber abdrängen könnte, den wir mit Ihm eingegangen sind. Er wünscht, daß wir Ihm in Mitleid ähnlich sind. Wenn wir Seinen Geist haben, werden wir uns sehnen, selbst die zu segnen, deren Stellung uns hindert, sie jetzt schon zu segnen. Er wünscht, daß wir Ihm in Barmherzigkeit und Vergebung ähnlich sind. Er wünscht, daß wir Ihm in allen herrlichen Charakterzügen ähnlich sind, so wie wir diese in Jesus geoffenbart sehen.
Wir staunen über die Bedeutung der Worte Jesu: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen”, und doch, Geliebte, 144.000 Söhne Gottes werden zubereitet, damit durch sie die Herrlichkeit Gottes zu Gottes bestimmter Zeit der ganzen Menschheit geoffenbart werden möchte. Kein Wunder, daß es wichtig ist, Gott zu uns reden zu lassen, und daß wir auf alles hören, was Er sagt, denn nur diejenigen, welche das „hörende Ohr” haben, werden jetzt „gesegnet”.
„Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!” Wie gesegnet ist es, als Kinder in der Gegenwart des Vaters zu stehen, während Er zu uns spricht und uns Seiner Liebe, Seiner Fürsorge und Seiner Treue versichert. Und wie er uns Seiner Absicht, uns als Glieder Seiner engsten Familie zu einer so hohen Stellung in Seinem Bereich zu erhöhen versichert, und uns unter der Leitung von Christus Jesus, unserem Haupte, dazu zu verwenden, die Welt zu erleuchten und zu segnen, wenn wir zu Seiner bestimmten Zeit das Vorrecht haben, „wie die Sonne in dem Reiche unseres Vaters zu leuchten”. Ja, Geschwister, wenn Gott redet, laßt uns schweigen und gute Zuhörer sein!